Grundstück nur zu Fuß erreichbar: Lässt sich dann immer ein Notwegerecht erstreiten?

Gelegentlich kommt es vor, dass ein Grundstück nicht direkt mit einer öffentlichen Straße verbunden ist. Dann ist zumindest mit dem Auto die Zufahrt über das Grundstück des Nachbarn eine Lösung. Das kann Jahrzehnte lang gut gehen – bis Streit oder ein neuer Nachbar das plötzlich ändern. Die abgeschnittenen Eigentümer können dann ein Notwegerecht einklagen – das klappt aber nicht immer.

Gelegentlich kommt es vor, dass ein Grundstück nicht direkt mit einer öffentlichen Straße verbunden ist. Dann ist zumindest mit dem Auto die Zufahrt über das Grundstück des Nachbarn eine Lösung. Das kann Jahrzehnte lang gut gehen – bis Streit oder ein neuer Nachbar das plötzlich ändern. Die abgeschnittenen Eigentümer können dann ein Notwegerecht einklagen – das klappt aber nicht immer.

Karlsruhe. Die Tatsache, dass man sein Haus dauerhaft zu Wohnzwecken nutzt, rechtfertigt allein noch kein Notwegerecht zur Vorfahrt mit dem Auto über das Grundstück des Nachbarn. Die Wohnnutzung ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für ein Notwegerecht. In einer verkehrsberuhigten Lage ist ein Notwegerecht damit unter Umständen nicht möglich. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt (11.12.2020, Az.: V ZR 268/19).

Der Fall drehte sich um eine Wohnsiedlung in Westfalen, welche die Gemeinde ursprünglich als ruhige Kolonie für Wochenendhäuser angelegt hatte. Dieser Idee folgend konzipierte man die Siedlung weitgehend autofrei. Es gibt nur eine, mitten durch die Siedlung verlaufende Straße. Abstellmöglichkeiten für Autos bestehen an deren Straßenrand sowie am Eingang der Siedlung. Im Jahr 2018 erlaubte die Gemeinde es, in der Siedlung auch dauerhaft zu wohnen.

Nachbarn mit Zaun die Durchfahrt verweigert

Schon von Anfang an dauerhaft dort gewohnt hatten die Eigentümer eines Grundstücks, das innerhalb der Siedlung über einen 80 Meter langen Fußweg erschlossen war. Mit dem Auto durften sie ihn nicht befahren. Deshalb fuhren die Hauseigentümer schon seit 20 Jahren von hinten ihr Grundstück an – über einen Sandweg, der zum Grundstück der Nachbarn gehört. Das ging solange gut, bis die Nachbarn im Jahr 2017 ihr Haus verkauften.

Die neuen Nachbarn wollten die Nutzung des Sandwegs nur gegen Zahlung einer Gebühr dulden. Die alteingesessenen Eigentümer sahen das nicht ein, woraufhin die neuen Nachbarn einen Zaun errichteten. Damit war die Durchfahrt mit dem Auto nicht mehr möglich. Die ausgesperrten Hauseigentümer zogen vor Gericht, um eine Notwegerecht zu erstreiten. Ein solches Recht würde die Nachbarn zwingen, die Zufahrt über ihr Grundstück zu dulden.

Anspruch auf Notwegerecht: Wohnnutzung allein reicht nicht aus

Allerdings wollte kein Gericht in diesem Fall ein solches Notwegerecht einräumen: Weder das Landgericht Detmold, noch das Oberlandesgericht in Hamm. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nicht im Sinne der Kläger, denen nunmehr nichts anderes übrig bleibt, als 80 Meter zu Fuß zu gehen, um ihr Anwesen zu erreichen. Begründung der Richter: Ein Notwegerecht setzt voraus, dass dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Nutzung notwendige Verbindung fehlt.

Das sei hier nicht gegeben: Der Fußweg kann nach Ansicht des BGH in diesem Fall ausnahmsweise als ausreichende Verbindung des Grundstücks mit der Straße betrachtet werden. Schließlich handelt es sich um eine Wohnsiedlung mit einer besonderen, bewusst verkehrsberuhigten Struktur. Daran habe auch die Zulassung des dauerhaften Wohnens nichts geändert. Die dauerhafte Wohnnutzung allein könne noch kein Notwegerecht begründen.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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